Reisetagebuch
Nachrichten aus der weiten Welt
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Teil 4: Wieder zurück in Europa
Dezember 2010 - März 2011
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05.12.2010, erneuter Aufbruch
Gerade einmal eine Woche habe ich es zu Hause ausgehalten. Ich fühlte, solange ich keine neue Arbeit hatte, war die Reise nicht wirklich vorbei. Die Abgeschiedenheit sowie die schlechte Internet-Verfügbarkeit auf dem Land taten ihr übriges, und so zog ich erneut los. Bewerbungen schreiben konnte ich genauso gut in jeder anderen Stadt.
Das erste Ziel war Prag. Eine günstige Bahnverbindung, eine günstige Fahrkarte und 700 Kronen von meinem letzten Tschechien-Ausflug trugen zu dieser Entscheidung bei.

09.12.2010, Prag
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Im Mai war ich bereits in Prag, doch wegen einer Erkältung bekam ich von der Stadt nicht sehr viel mit. Diesmal war es besser, aber ein Urteil über die Stadt zu fällen ist trotzdem schwierig. Neben vielen restaurierten mehr oder weniger alten Gebäuden sieht man immer noch sehr viele verfallene Altbauten.
Alles in allem war die Zeit in Prag gar nicht so anders wie die Zeit in den amerikanischesn Städten. Umher laufen, Museen besuchen, im Cafe sitzen. In diesem Fall kam aber noch das Schreiben von Bewerbungen hinzu, was ich auch brav durchhielt: eine pro Tag.
Weniger erfolgreich waren meine finanziellen Planungen. Anstatt die 700 Kronen vom letzten Mal aufzubrauchen bin ich mit 1300 Kronen zurückgekommen. Sieht so aus, als müsste ich bald wieder nach Tschechien...

19.12.2010, München / Salzburg
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Salzburg wäre eigentlich die nächste Stadt gewesen, doch mangels Unterkunft wich ich nach München aus. Dank eines spontanen Tagesausfluges sah ich dann doch noch ein wenig von Salzburg.
Ansonsten gab es auch in München - obwohl sehr nahe an der Heimat - für mich einiges zu sehen. Erst 2 Monate zuvor bin ich in Boston über Bierflaschen aus Aying gestolpert. Der Ortsname kam mir bekannt vor, doch ich konnte ihn damals nicht zuordnen. Daher nutzte ich nun meine Zeit hier, um einmal in diesem kleinen Dorf südlich von München vorbeizuschauen.

22.12.2010, Nürnberg
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Schon öfter war ich in Nürnberg, doch nie für mehrere Tage. Dass es mich gerade kurz vor Weihnachten hierher verschlagen hat, hatte aber weniger etwas mit dem weltberühmten Christkindlsmarkt zu tun, denn die Stadt stand eh auf der Liste mit möglichen Reisezielen. Natürlich habe ich den Markt besucht, aber auch sonst gab es in der Stadt viel zu sehen.
Im Hostel war jemand sehr kreativ beim Benennen der Räume. Ich bekam das falsche Zimmer, den "Wrong Room". Passend dazu war rechts daneben der "Right Room".

27.12.2010, La Gomera
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Um den Jahreswechsel herum zog es mich etwas weiter weg. Kurzfristig hatte ich einen Silvester-Törn auf der Roald Amundsen gebucht. Das gleiche Schiff, mit dem ich schon in Kanada unterwegs war, befand sich nun auf den Kanaren, genauer gesagt, auf La Palma.
Leider waren die Flüge dorthin bereits ausgebucht, doch auf einem Flug zur Nachbarinsel Teneriffa war noch ein Platz frei. Nach La Palma wollte ich dann die Fähre nehmen.
Der Flug verlief planmäßig, trotz eisiger Temperaturen in München. Nachdem ich ein paar Stunden auf Teneriffa im Cafe verbracht habe, begab ich mich zur Fähre. Da in der Warteschlange einige Leute nicht an Bord gingen und abgewiesen wurden, frage ich extra nochmal nach, ob das Schiff wirkich nach La Palma ging. Der Angestellte prüfte meine Karte und ließ mich wortlos an Bord. Viel zu spät bemerkte ich, dass die Fähre doch ein anderes Ziel hatte: La Gomera. Da war es aber schon zu spät. Dumm gelaufen.

Eine neue Fahrkarte von La Gomera nach La Palma wurde mir zwar anstandslos ausgestellt, doch wegen der Feiertage gab es vor dem Abend des nächsten Tages keine Überfahrt. Da saß ich nun in San Sebastian, organisierte mir ein Zimmer in einer Pension und versuchte, das Beste draus zu machen. Für den Törn mit der Roald hatte das wenigstens keine Auswirkungen, da ich eh 2 Tage zu früh war. In weiser Voraussicht, könnte ich rückblickend sagen. Weil es keine anderen Flüge gab, wäre genauso zutreffend.

29.12.2010, Rückkehr auf die Roald
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Es war soweit, nach fast 3 Monaten kehrte ich auf die Brigg "Roald Amundsen" zurück. Das gleiche Schiff, eine komplett andere Besatzung, nur 2 Leute an Bord waren schon bei meinem ersten Törn dabei. Ein seltsames Gefühl, alles so fremd und gleichzeitig so vertraut. Doch es ging ungewöhnlich schnell, sich an die übrigen ca. 30 Besatungsmitglieder zu gewöhnen, und ich fühle mich schon bald wieder wie zu Hause. Von dem angesagten Wind und den 3-4m hohen Wellen sahen wir beim Auslaufen am Morgen des 29. Dezember zwar nichts, dafür aber einen schönen Regenbogen über der wolkenverhangenen Insel La Palma. Es sah wieder einmal nach einem wunderbaren Segeltörn aus.

31.12.2010, Silvester unter Segeln
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Der letzte Tag im Jahr, sonniges Wetter, die Roald kreuzte in den Gewässern zwischen Teneriffa und La Gomera. Es war ein sehr ereignisreicher Tag, der mit einer Feueralarmübung begann und beinahe in einer Katastrophe endete.
Tagsüber war noch alles wunderbar, wir fuhren zwei Wenden. Wer das Segeln auf Yachten kennt wird denken: was ist schon dabei? Mit dem Bug durch den Wind, das Vorsegel rüberziehen und fertig.
Doch auf einer Brigg unter Vollzeug (d.h. alle 17 Segel sind gesetzt), ist das Schwerstarbeit. Einige Segel herunternehmen, die übrigen auf die andere Seite bringen, dann die heruntergenommenen Segel wieder setzen. Alles zusammen dauert gut und gerne mal 45 Minuten. Beim ersten Mal hatten wir etwas wenig Wind, trotzdem klappt alles wunderbar, so dass wir bald nochmal eine fuhren. Gegen Abend, als wir Kurs Richtung La Gomera setzten, mussten dann nochmal alle Segel geborgen werden.
Nach so viel Arbeit freuten wir uns auf die Silvesterfeier im Hafen von San Sebastian. Es ist der selbe Hafen, in dem ich wenige Tage zuvor gestrandet bin. Manchmal kann man es sich einfach nicht aussuchen...
Gegen 19 Uhr laufen wir in den Hafen ein, legen an. Die Leinen werden übergeworfen, ene nach der anderen. Da hört man den Skipper plötzlich rufen. "Alle Mann von Bord! Alle Mann von Bord!"
Immer wieder. 4, 5, 6 mal. "Alle Mann von Bord!"
Um mich herum springen alle über die Reling auf den nahen Pier. Ich springe mit. Als ich zum Bug der Roald schaue, sehe ich eine gewaltige, helle Wand aus Stahl, die sich viel zu schnell und viel zu nahe auf unser Schiff zu bewegt. Es ist eine Fähre, die ihre Anlegeposition nicht richtig getroffen hat. Da uns ein Platz direkt daneben zugewiesen wurde (obwohl der ganze Hafen eigentlich frei wäre) droht sie nun mit der vergleichsweise kleinen Roald zu kollidieren. Auch hoch oben von der Fähre hört man aufgeregte Rufe...

Glück gehabt, es ging nochmal alles gut. Weniger als 10 Meter vor unserem Bugspriet fängt sich die Fähre und legt an der vorgesehen Stelle an. Die meisten von unserer Crew, nun an Land, sind mit dem Schrecken davongekommen, doch das hektische Verlassen des Schiffes ging leider nicht an allen spurlos vorüber. I. schaffte den Sprung nicht, blieb hängen, verletzte sich, musste ins Krankenhaus. F., der helfen wollte, ging dabei zwischen Schiff und Kaimauer über Bord, konnte sich aber glücklicherweise unverletzt aus der Gefahrenzone retten.
An Silvester dachte danach natürlich niemand mehr. Erst als I. gegen 21 Uhr mit einem Bein in Gips, sonst aber wohlbehalten, wieder zurück aufs Schiff kam, lößte sich die Spannung etwas, während das Jahr langsam dem Ende entgegen ging.

04.01.2011, La Palma
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Zurück an Land hatte ich noch 2 Tage, die ich auf La Palma verbrachte. Dabei war ich nicht allein, es gab einige Leute von der Roald Amundsen, die es - gezwungenermaßen durch die nur wöchentlichen Flugverbindungen - genauso machten. Vier von ihnen schlossen sich mir an, da ich ohnehin vorhatte, einen Mietwagen zu nehmen. So durchquerten wir gestern einmal die Insel von Ost nach West, sahen uns den gewaltigen Vulkan-Krater in der Mitte der Insel und einen der Strände im Westen an.
Heute war ich dann wieder allein unterwegs (mein Flug ging später als der der anderen) und besichtigte ein kleines Marine-Museum, das sich in einem maßstabsgetreuen Nachbau der Santa Maria befindet, dem Flaggschiff von Christoph Kolumbus. Wenn man sieht, wie klein und einfach gebaut dieses Schiff war, hat man gleich noch viel mehr Respekt vor diesen Leuten, die damit in komplett unbekannte Gewässer aufgebrochen sind.

14.01.2011, Augsburg
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Nach den Kanaren wollte ich erst einmal nicht mehr so weit weg. Ein wenig zur Ruhe kommen, sozusagen. Darum war jetzt Augsburg an der Reihe, die Zugfahrt hierher dauerte gerade mal 30 Minuten. Trotz der Nähe kannte ich die Stadt aber nicht besonders gut. Wenn man früher in eine größere Stadt wollte, fuhr man in der Regel nach München, was fast genauso weit weg ist. Daher war es gar nicht mal so abwegig, hierher zu kommen.
Was man von Augsburg kennen könnte sind die römischen Wurzeln und die Fugger, daher waren das Römermuseum und die Fuggerei schon mal Pflichtbesuche.
Des weiteren habe ich gesehen, wie der ausgediente Christbaum gefällt wurde, habe in der Fuggerei eine Uhr mit dem überaus passenden Spruch "Nütze die Zeit" gefunden und mich ansonsten auf künftige Vorhaben vorbereitet.
Zusammenfassend lässt sich sagen: obwohl ein lästiger Januar-Regen größere Unternehmungen verhinderte, habe ich es trotzdem geschafft, die Stadt endlich ein wenig besser kennen zu lernen.

28.01.2011, Regensburg
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Regensburg hätte eigentlich ein längerer Aufenthalt werden sollen, doch am Ende war es leider nur ein kurzer zweitägiger Zwischenstopp, bei dem ich hauptsächlich mit Vorstellungsgesprächen beschäftigt war.
Immerhin, es hat sich gelohnt, zumindest eines war nicht ganz erfolglos...

29.01.2011 - 13.02.2011, Karibik
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Der Urlaub in der Karibik kam recht kurzfristig zustande. Es war wieder ein Mermaids-Törn, und kurz vor Weihnachten wurde auf einem der Boote ein Platz frei. Nach einigem Zögern (immerhin sollte ich mich ja um meine Bewerbungen kümmern) schlug ich dann doch zu.
Von Martinique aus ging es nordwärts über Dominika und Guadeloupe bis nach Antigua, und dann wieder zurück. Für die Jahreszeit war es ungewöhnlich feucht, insbesondere als wir einen Land-Tag auf Domonika einlegten. Der Regenwald, durch den die fast 8-stündige Tour zum sogenannten "Boiling Lake" ging, machte seinem Namen alle Ehre.
Alles in allem war es jedoch ein sehr angenehmer Segeltörn, auch deshalb, weil ich im Gegensatz zu den meisten anderen Stationen meiner bisherigen Reise nicht alleine unterwegs war, sondern viele alte Bekannte wieder sah.
Ein schlechtes Gewissen wegen der Bewerbungen brauchte ich auch nicht zu haben. Ich hatte sogar ein kurzes Telefon-Interview mit einer Firma, die sich während des Törns gemeldet hatte. Früh am Morgen, kurz vor 4 Uhr (9 Uhr deutsche Zeit) beantwortete ich, das Rauschen der Wellen und das Krähen der Hähne am Strand im Hintergrund, ein paar Fragen zu meinem Lebenslauf. Mit Erfolg, das Ergebnis war eine Einladung zum Vorstgellungsgespräch.

23.02.2011 - 26.02.2011, Dublin
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Genau wie die Karibik passt Dublin eigentlich nicht ganz in die Reihe der bisherigen Reiseziele, denn bei beiden war ich nicht allein unterwegs. Wie dem auch sei, sie fallen in die Zeit meiner Arbeitssuche, und sie sind es auf jeden Fall wert, ein paar Worte (und Bilder!) darüber zu verlieren.
Der Anlass für Irland war der runde Geburtstag eines Freundes, der da schon lange wieder mal hin wollte. Der Flug war günstig, und so machten wir uns zu viert auf den Weg, um für dreieinhalb Tage Dublin unsicher zu machen.

In Dublin war es auch, wo die Entscheidung für meine künftige Arbeitsstelle fiel. Dank Internet-Cafe's und Mobiltelefon verließ ich Irland mit einem festen Termin für das Ende meines Dauerurlaubs: am 1. April werde ich wieder arbeiten!

04.03.2011, Stuttgart
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Dies ist sie also, die Stadt, in die es mich letztenendlich verschlagen hat. In diesen Tagen war ich in Stuttgart erfolgreich auf Wohnungssuche, und es zeichnet sich langsam ab, wie es weiter geht. Optimal lief sicher nicht alles, aber ich denke, ich kann mit dem Ergebnis zufrieden sein. Eine Arbeit und eine Wohnung sind mir sicher, was aus dem Rest wird, das muss sich zeigen.
Bis zum Umzug bleiben mir noch ca. eineinhalb Wochen. Vielleicht nutze ich sie, um noch ein letztes Mal "auszubrechen", bevor mich der Arbeitsalltag am 1. April wieder gefangen nimmt und die Reise nun wirklich ganz sicher zu Ende ist.

17.03.2011, Budapest
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Bis zum Umzug war noch eine Woche hin, daher beschloss ich, noch einmal loszufahren.
Der Grund für Budapest war der gleiche wie der für Prag im Dezember: eine günstige Zugverbindung.
Jedoch muss ich sagen: Budapest war eine große Enttäuschung. In einem Reiseführer hatte ich von den zahlreichen Kaffeehäusern gelesen und mich bei meiner Ankunft schon auf ein Frühstück gefreut. Zahlreich sind die Kaffeehäuser tatsächlich, aber Frühstück gibt es dort eher selten. Viele sind gar vor Mittag geschlossen. Später fand ich zwar noch Cafe's, die auch früher öffnen, doch ein Frühstück in diesem Sinne fand ich nie.
Der zweite Fehlschlag am Morgen meiner Ankunft war die Unterkunft: es gab nur ein Klingelschild, doch selbst nach mehreren Stunden (ich versuchte es immer wieder einmal) öffnete niemand. Also musste ich mir kurzerhand eine neue Bleibe suchen.
Nach diesem schlechten Start, wegen der oft unfreundlichen Bedienungen (der Reiseführer warnte davor) und durch die zahlreichen schäbigen Altbauten sank meine Stimmung ins Bodenlose. Als ich dann heute morgen kurz vor 10 mit dem Worten "we are closed" aus einem Cafe geworfen wurde, das eigentlich schon um 9 Uhr öffnet und in dem bereits jemand an der Bar saß, beschloss ich, den Rest des letzten Tages im Hostel zu verbringen.

23.03.2011, Stuttgart
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Es ist soweit, Umzugstag!
Die Möbel werden geliefert, die Kisten ausgepackt und nach und nach füllen sich die leeren Räume; das neue Zuhause nimmt langsam gestallt an.
Nächste Woche geht die Arbeit wieder los. Ob ich will oder nicht, diesmal ist sie wirklich zu Ende, meine 7 Monate lange Reise. Aber schön war's!
