Reisetagebuch
Nachrichten aus der weiten Welt
16.11.2010, Ankunft in Cuzco
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Gestern war Reisetag. Früh am morgen ging es in Miami los, mit dem Flugzeug nach Panama, um 21 Uhr weiter nach Lima, und schließlisch heute morgen um 5 Uhr nach Cuzco, meiner ersten Station in Peru.
Erzählenswert ist von dieser Reise eigentlich nur Panama. Der Flughafen liegt, so scheint es, mitten im Urwald. In der Ferne kann man gerade so die Skyline erkennen. Doch davon wollte ich nichts sehen, ich hatte ja den Anschlussflug und nur einige Stunden Aufenthalt. Beim Boarding fiel mir dann auf, dass bei mir als Sitzplatz "SBY" angegeben war, was auch immer das heißt. Alle anderen hattem dagegen eine richtige Nummer. Ich hatte schon gelesen, dass die Flüge in Lateinamerika oft überbucht sind und man ggf. seinen Sitzplatz verliert. Und hier stand ich nun und hatte gar keinen?
Ich versuchte es einfach einmal. Die Dame vom Bodenpersonal nahm mir kurzerhand das Ticket ab, tippe am Computer und gab mir ein neues. Mit dem Sitzplatz 1E.
1E bedeutet, die allererste Reihe, gleich hinter dem Cockpit. Es bedeutet Bussines Class. Es bedeutet jede Menge Platz für meine langen Beine, bequemere Sitze, extra Service und besseres Essen.
Ich habe keine Ahnung, wie ich zu der Ehre gekommen bin, wollte aber auch nicht weiter nachfragen. Ich habe es einfach akzeptiert und genossen.

Ein Problem, mit dem man sich bei der Ankunft in Cuzco konfrontiert sieht ist die enorme Höhe. Die Stadt liegt auf etwa 3400m, eine ziemliche Herausforderung für den Kreislauf. Vor allem wenn es ans Treppensteigen geht, von denen es hier jede Menge gibt. Kurzatmigkeit und Herzklopfen sind wohl die ersten Tage normal, bis sich der Körper dran gewöhnt hat. Dass ich die letzten Wochen fast ständig auf Meeresniveau unterwegs war ist dabei auch nicht gerade hilfreich. Bis Freitag muss es aber wieder gehen, dann habe ich den sogenannten Inka Trail gebucht. 2 Tage zu Fuss unterwegs nach Machu Picchu. Eigentlich dauert der Trail 4 Tage, doch da gerade Regensaison ist (wovon ich bisher nichts bemerkt habe) und ich zudem gepäckmäßig nicht auf längere Wanderungen eingestellt bin, habe ich mich für die Spar-Variante entschieden.
Die ersten Eindrücke von Cuzco: eine Touristen-Stadt, mit engen Gassen und vielen Tieren, wie beispielsweise Suris. Eine kleine Alpaka-Art, sieht aus wie ein Lama, ist aber in etwa so gross wie ein Schaf.
Zu sehen gibt es hier einiges, die nächsten Tage will ich auch versuchen, die Ruinen in der näheren Umgebung zu besichtigen. Die vielen neuen Eindrücke dieser Stadt lassen auch ganz die erste Email vergessen, die ich am Morgen meiner Ankunft erhalten habe: wieder eine Absage auf eine Bewerbung.

21.11.2010, Cuzco und Machu Picchu
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Die letzten Tage waren so ereignisreich, dass ich diesen Eintrag aufteile, um mehr zu den vielen Bildern schreiben zu können.
Cuzco und Umgebung
Zwei recht eindrucksvolle Ruinen der Inkas befinden sich bereits in Gehweite von Cuzco. Nach ca. einer halben Stunde stehe ich zwischen den imposanten Mauern der Festung Saqsayhuaman (Lautschrift für Amerikaner: "sexy woman") mit den für die Inka typischen, polygonen Steinen. Die Felsen wurden so bearbeitet, dass sie perfekt zusammen passen und auch ohne Zement halten. Seit mehr als 500 Jahren trotzen sie so Wind, Wetter und Erdbeben.
Zwei weitere Ruinen sind etwas weiter enfernt. Wenn man nicht zu Fuss laufen will, kann man in einem der Minibus-Taxis mitfahren. Diese fahren die Hauptstrassen entlag und nehmen jeden mit, der die Hand hochhält. Eine Fahrt kostet umgerechnet 30 Cent. Eingezwängt zwischen Eiheimischen komme ich so zu einem Wachposten und einer Mischung aus Heilbad und und Tempel.
So gut der Tag angefangen hat, so schlecht endete er dann aber leider auch. Mit über einem Tag Verzögerung erwischte mich doch noch die Höhenkrankheit in vollem Unfang. Nachdem die ersten Symptome im Laufe meiner Tour durch die Ruinen verschwanden, übernahm ich mich wohl etwas und bekam dafür am Abend die Quittung. Starke Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit, Schwindelanfälle, Schmerzen in der Brust, und die ganze Nacht machte ich kein Auge zu. Und das, wo ich kurz davor war, nach Machu Picchu zu kommen!

Sacred Valley
Am Morgen nach der schlaflosen Nacht wurde es zumindest ein klein wenig besser, doch schon bei kleineren Anstrengungen kehrten die Kopfschmerzen zurück. An diesem Tag hatte ich eine Tour in das heilige Tal der Inka geplant. Eine geführte Tour mit dem Bus zu drei weiteren Ruinen. Ich war mit nicht sicher: in Cuzco bleiben und ausruhen, oder mitfahren. Aus zwei Gründen entschied ich mich für letzteres: das Tal liegt ca. 500m tiefer als Cuzco. Und: die Fahrt mit dem Bus hinderte mich daran, mich mehr zu bewegen als nötig.
Auf dem Programm stehen zwei größere Ruinen, sowie das Dorf Chinchero, wo uns die traditionelle Herstellung der Textilien aus Alpaka-Fellen vorgeführt wird.
Ganz gesund fühle ich mich am Abend zwar immer noch nicht, doch so kurz vor Machu Picchu will ich nicht aufgeben.

Inka Trail und Machu Picchu
Die Reise nach Machu Picchu beginnt früh: um 4:30 Uhr werden wir vor einer Kirche in Cuzco abgeholt. Es geht mit dem Bus ins heilige Tal, und von dort mit der Bahn in Richtung Machu Picchu. Ein gutes Stück vorher steigen wir jedoch aus, die Wanderung beginnt.
Ganze 6 Stunden dauert es, bis wir zum ersten Mal Machup Picchu sehen. Der Weg ist überwiegen gepflastert, noch aus den Zeiten der Inka. Er führt teils über Grashänge, teils durch dichten Urwald (der sogenannte "Cloud Forest"), vorbei an Inka-Ruinen und einem Wasserfall bis zum Sonnentor, dem äußersten Punkt der Stadt.
Je länger die Tour geht, desto besser geht es mir. Die anfänglichen Kopfschmerzen auf den ersten Metern verschwinden bald und ich laufe allen anderen vorraus. Es könnte auch daran liegen, dass sich die Höhen hier mehr im Bereich der heimischen Berge bewegen, die Strecke liegt "nur" zwischen 2000m und 2700m. T. aus den USA geht es weniger gut, ihn hat die Höhenkrankheit gerade an diesem Tag voll erwischt. Nach der Hälfte der Strecke bleibt er zurück und geht mit einem separaten Führer sehr langsam weiter.
An diesem ersten Tag betreten wir Machu Picchu noch nicht, sondern fahren gleich mit einem Bus ins Tal für die Übernachtung.
Am nächsten Morgen geht es wieder recht zeitig los, so dass wir um 7 Uhr erneut vor dem Eingang von Machu Picchu stehen. Es folgt eine Führung von 2 Stunden durch die Ruinen. Das Timing ist perfekt: bei unserer Ankunft ist vor lauter Wolken und Nebel nichts zu sehen. Doch kaum dass die Führung beginnt, verziehen sich die Wolken und innerhalb von Minuten ist die Sicht auf die gesamte Anlage frei.
Nach dem Rundgang haben wir 4 Stunden Zeit zur freien Verfügung. Ich nutze die Zeit, um den Waynapicchu zu besteigen. Das ist der große Zuckerhut-Berg im Hintergrund der Standard-Machu-Picchu-Postkarten-Fotos. Der Weg ist einfacher als der Berg vermuten läßt, eine Inka-Treppe führt bis an die Spitze.
Gegen 14:00 Uhr treffen wir uns wieder im Tal zum Mittagessen. Da die Verkehrsanbindung von Machu Picchu relativ gut ist, müssen wir uns um den Rückweg keine Sorgen machen. Mit der Bahn und mit Bus geht es zurück nach Cuzco, wo wir gegen 21:30 Uhr müde aber glücklich ankommen.

Machu Picchu war wirklich sowas wie ein Höhepunkt meiner Reise. Nicht nur im übertragenen Sinn. Da ist es gut, dass ich nicht mehr viel danach geplant habe, denn es dürfte schwierig werden, dies zu übertreffen. Heute fliege ich nun nach Lima, bevor es wieder in Richtung Deutschland geht.
Meine Reise nähert sich langsam ihrem Ende.
25.11.2010, Lima
[Karte]
Lima ist an sich nicht besonders interessant. Es gibt ein paar nette Museen und Ruinen, aber nichts im Vergleich zu den Städten, in denen ich sonst so war.
Anfangs hatte ich etwas Bedenken, hierher zu kommen, da sowol mein Reiseführer als auch das Auswärtige Amt vor der hohen Kriminalität warnt. Entsprechend sehen auch die Häuser hier im Stadtteil Miraflores aus, alles kleine Festungen. Selbst das Hostel hat hohe Mauern, Strom-Zäune und eine schwere Eisentüre.
Doch ist man erst einmal unterwegs, erscheint es gar nicht so schlimm. Es ist etwas hektisch hier, besonders der Verkehr, aber sonst nicht weiter gefährlich.
So dachte ich zumindest bis gestern Mittag.
Ich wollte an meinem letzten Tag zumindest einmal am Strand entlang gehen, der in Lima unterhalb einer Steilküste liegt. Wegen dieser Küste sind die Abstände zwischen den Zugängen relativ groß, man muss schon mal 1-2km gehen.
Als ich nun wieder nach oben will und den Gehweg einer dicht befahrenen Straße entlang ging, versperrte mir ein Mann in einer Kurve den Weg. "Peligroso" rief er, gefährlich. Er zeigte auf einen schmalen Pfad durchs Gebüsch, ich soll dort hochlaufen. Ich wollte nicht, aber er ließ mich nicht vorbei.
Richtig wäre gewesen, einfach umzukehren und an der belebten Straße zu bleiben. Aber der Rückweg war weit, und ich wollte ja genau hier hoch. Zudem sah der Pfad nicht so schlecht aus. Einer Vorahnung folgend packte ich meine Sachen schon einmal so zusammen, dass ich mich schneller bewegen konnte, und ging los.
Nach einem Stück drehte ich mich um und sah, dass mir der Typ tatsächlich folgte. Ich ging zügig weiter, drehte mich nochmal um. Jetzt waren zwei Männer hinter mir. Und sie waren nicht langsam.
Wenn jetzt noch einer von oben kommt, dachte ich, dann habe ich verloren. Zwischen den Hügeln und bei dem lauten Verkehr unter uns...
Doch es kam niemand, und kaum dass ich in Sichtweite der oberen Straße war, kehrten die beiden hinter mir um.
Nochmal Glück gehabt!
Vielleicht täusche ich mich auch, und sie wollten sich nur vergewissern, dass ich nach oben komme. Aber irgendwie sahen die nicht danach aus.
Jedenfalls glaube ich, dass ich langsam leichtsinnig werde. Ein Grund mehr, bald nach Hause zu fliegen.

29.11.2010, Weinhausen
[Karte]
Nach zweieinhalb Monaten ist die Reise nun zu Ende. Nach dieser Zeit muss ich mich erst einmal orientieren. Was ist passiert, was muss ich tun, wie geht es weiter. Pünktlich zu meiner Ankunft versinkt die Landschaft unter einer Schneedecke. Während Schneeverwehungen am Fenster vorbei ziehen, verschwindet für kurze Zeit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im weißen Nichts. Aber es hilft nichts, ich muss da weiter machen, wo ich aufgehöhrt habe.
Die Reise ist vorbei, aber das Leben geht weiter...
